Kommt ’n Mönch zum Kino …

Weshalb man nichts tun lernen kann und warum letztlich jedes Ding, das man tut, (k)eine Verschwendung von Lebenszeit ist.

Hier bleibt das Kino leer, wie es manchmal der Kopf bleibt sollte.
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Nichtstun – und seine vielen Gesichter

OX & RE finden, dass Nichtstun eine ganz schön heikle Sache sein kann. Wer will schon den Eindruck erwecken, man wäre faul? Dabei hat Nichtstun eine ganz eigene, spannende Psychologie, die Euch vielleicht gar nicht bewusst ist, wenn Ihr es Euch abends auf der Couch bequem macht und alle Fünfe oder Sechse von Euch streckt.

Zum einen kommt es darauf an, wie Ihr es für Euch interpretiert, dass Ihr gerade nichts tut. Ihr könnt das völlig akzeptieren und genießt es sogar? Dann spricht man gerne von «Entspannung». Ihr wollt eigentlich was anders tun und Euch ödet der Zustand wirklich an? Dann spricht man eher von «Langeweile». Von außen betrachtet ist es trotzdem das Gleiche – es tut sich halt nix.

Zum zweiten passt Nichtstun gar nicht in unseren Zeitgeist. Egal, ob Entspannung oder Langeweile, eigentlich sollte man seine kostbare Zeit auf dieser Welt doch nutzen. Irgendwelche sinnvollen Dinge tun, die uns wichtig sind, anstatt auf der Couch zu versacken. Weniger Netflix schauen und dafür häufiger vor die Türe, eine Runde durch die Natur für die Gesundheit und so weiter. Man will ja nicht zu den Menschen gehören, die Ihre Zeit mit Nichtstun verplempern.

Zum dritten – und das ist ein ernsthafter Stolperstein: Wenn Menschen sagen, sie tun nichts, tun sie trotzdem häufig was. Filme gucken, Newsletter lesen oder Handyspiele spielen ist vielleicht keine «Arbeit», aber trotzdem etwas, wobei das Gehirn gefordert ist – Ihr merkt’s halt nur nicht so.

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Fürs Leben lernen mit Netflix (Oh Gott … wirklich … ?)

Wenn OX & RE schon das Versacken vor Netflix ansprechen, sei wenigstens auf das vierteilige James-Acaster-Special verwiesen. Im zweiten Teil beschreibt Acaster einen Fremden, der mit ihm im gleichen Kinofilm saß und dem der Film absolut nicht gefallen hat:

Ich höre, wie er sich zu seinem Freund herumdreht und sagt: Pah, das waren drei Stunden meines Lebens, die ich nicht mehr zurückbekomme. Nun, ich hab ziemlich schlechte Nachrichten für den Typen: JEDE Stunde Deines Lebens … bekommst Du nicht zurück. Sie ist für immer verschwunden, Zeit ist nicht erstattungsfähig. Der Tod ist das Ende.

James Acaster, Repertoire: Represent, übersetzung OX & RE

All dies wisst Ihr insgeheim. Genau dies ist die Motivation, die eigene Zeit zu nutzen und nicht im Nichtstun zu versacken, wie es der gepflegte Stoizismus vorsieht. Minuten und Tage und Jahre einfach vergehen zu lassen und zu denken, man könnte Zeit wie Geld sparen. Und dagegen möchten sich OX & RE in diesem Artikel auch gar nicht aussprechen. Es gibt jedoch eine Kehrseite hierzu, eine «dunklere Psychologie», damit Euch das gute Nichtstun, das bewusste Entspannen oder Langweilen weniger schwerfällt.

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Wann und warum die Zeit (nicht) so schnell vergeht

Vielleicht kennt Ihr die Phänomene, die OX & RE jetzt beschreiben: Ihr kommt an Weihnachten oder zu einem Geburtstag mit Freunden und der Familie zusammen und alle wundern sich, wie schnell die Zeit vergeht und dass jetzt schon wieder ein Jahr herum ist.

Das andere Phänomen: Ihr habt kein Problem damit, den Tag durch Dinge zu füllen, die im Rückblick wenig «Wert» haben, im jeweiligen Moment aber schon. OX & RE wissen auch nicht mehr, welche Serie sie vor zwei Jahren angeschaut haben. Es muss damals richtig und wichtig gewesen sein, hat aber jetzt und hier absolut keine Bewandtnis mehr. Mit einem gewissen Abstand (räumlich, zeitlich, geistig) ist es extrem egal, ob ich ganz bestimmte 30 Minuten meines Lebens mit dem Gucken einer Serie oder dem Anschauen der weißen Wand verbracht habe.

Man könnte vermuten, dass die Zeit einfach deshalb so schnell verfliegt, weil so viele Dinge im Leben gemacht werden (oder vermeintlich gemacht werden müssen). Ist der Tag gut durchgetaktet, mit Arbeit, Essen, Menschen & Co., bleibt keine Zeit mehr für «nichts». Und das gefühlte Nichtstun vor dem TV-Gerät am Abend ist zwar eine Art von Abschalten, aber nichts, wo der Kopf wirklich einfach mal zur Ruhe kommt und «die Zeit spürt».

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Juhu, ein Freibrief für faule Stoiker?

Auf einer Website, die Stoizismus und den modernen Lifestyle zusammenführt, wirkt die Aussage mit den 30 Minuten für manche von Euch sicherlich verwirrend. Soll das heißen, es ist egal, was ich mit meiner Zeit anfange? Wenn 30 Minuten Serie gucken oder Nichtstun am Ende des Tages aufs Gleiche herauskommen, gilt das doch auch für alles andere? Warum 30 Minuten für meine Gesundheit joggen oder Yoga betreiben, wenn Nichtstun das Gleiche ist? Warum weiter am Projekt für meine Arbeit werkeln, wenn mit genügend Abstand Nichtstun den gleichen Wert hätte? Der Tod ist das Ende.

OX & RE vermuten, dass die meisten Menschen unter Euch den Widerspruch längst aufgedeckt haben. So einfach ist es natürlich nicht. Ja, der Stoiker gestaltet sein Leben bewusst, aktiv und mit Vernunft. Die Dinge blöd nebenbei herlaufen lassen und eine Serie nach der nächsten binge-watchen – das ist nicht Stoizismus. Trotzdem gilt:

  1. Das Leben mit YouTube, Serien und mehr zu füllen, kann zum Stoiker passen. Es sollte nur eben keine Berieselung sein, sondern zweckdienlich. Vielleicht etwas Sinnvolles für die Arbeit, die Gesundheit oder den Lebensstil.
  2. Der Stoiker ist voll und ganz fürs Nichtstun zu haben. Schließlich erfüllt das Nichtstun einen wertvollen Zweck für den körperlichen und seelischen Ausgleich. Hier geht es aber (zugegeben traditionell) häufiger um Hobbys oder Interessen, die nichts mit ambitionierter Arbeit zu tun haben – weniger das meditative Nichtstun.

Um es Euch einfach zu machen: Die fünf Minuten, die Ihr diesen Artikel hier schon lest, sind als Zeit so oder so vergangen. Ihr hättet in der Zeit die Augen schließen und dösen oder irgendetwas anderes tun können. Was davon «nützlich» und was «Zeitverschwendung» gewesen wäre, bemesst Ihr nach einem sehr persönlichen Maßstab. Und dieser ändert sich, Tag für Tag, über Euer Leben hinweg. Deshalb erlaubt Euch ruhig den Gedanken: Nichts tun lernen (also, auch ohne TV und Smartphone und so) kann gut für Euch sein, auch wenn es sich manchmal wie Langeweile anfühlt. Und wer erlernen kann, sich zu langweilen, beherrscht seine Psychologie ganz gut.

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Do nothing – das aktivste Nichtstun überhaupt

Wenn Ihr regelmäßig Artikel oder Videos zum Thema Meditation verfolgt, wird Euch Shinzen Young ein Begriff sein. Ein «westlicher Yogi», dem OX & RE sicherlich auch noch ein paar Worte und Gedanken widmen werden. Ihm hat die moderne Welt ein paar wertvolle Impulse zur Meditation zu verdanken, unter anderem eine «Do-nothing-Meditation». Das wäre dann Nichts tun lernen auf meditativem Niveau.

Hier ist es anders als bei der klassischen Achtsamkeit, wo Ihr wie bei einem Muskeltraining das Bewusstsein immer wieder zum Atmen oder einem anderen Objekt zurückholt. Stattdessen lasst Ihr einfach die Gedanken fließen, wohin auch immer. Und verfolgt das Ganze, ohne einzugreifen. Und taucht so vielleicht in die Welt Eures Unterbewusstseins ein, die Euch spannende Erkenntnisse über Euch selbst liefert.

Dieses «nichts tun lernen» setzt ein Training voraus und liest sich einfacher, als es ist. Zumindest ist es etwas, was nicht so einfach neben dem TV oder Smartphone funktioniert. Und etwas, was ein wenig gegen unsere Psychologie und Natur geht, die sehr schnell auf bestimmte Inhalte unserer Gedankenwelt anspringt. Diese Art von Nichts tun lernen hätte damit sogar noch einen Mehrwert – und schon ist der Stoiker in Euch wieder glücklich.

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Nichts tun lernen – (k)eine Zeitverschwendung

Wie einfach man Geld oder Zeit verschwenden kann, wisst Ihr alle. Bei Geld fällt es einem nur deutlich schneller auf. Wenn Ihr für Euch erkennt, dass «Nichtstun» deutlich mehr ist als «nichts tun», passt das Ganze vielleicht sogar zu einem aktiven Lifestyle, bei dem Ihr wenig verpassen wollt. Was Ihr sowieso werdet – überlegt alleine, wie viele neue Videos und Serien so pro Tag erscheinen. Und ob die im nächsten Leben noch verfügbar sind? Darauf solltet Ihr Euch mit der Zeit, die Ihr heute habt, nicht verlassen. Oder wie James Acaster meint:

Deshalb: Wenn Sie einen buddhistischen Mönch aus einem Kino kommen sehen, der sagt: Pah, das sind drei Stunden meines Lebens, die ich nie mehr zurückbekomme – das ist wirklich tragisch. Er muss den Film so sehr gehasst haben – er hat sogar seinen Glauben verloren.

James Acaster, Repertoire: Represent, Übersetzung OX & RE

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