Metta Meditation – ein Rahmen für jedes Bild

Warum Metta Meditation keine «Nächstenliebe» ist und genauso wie Achtsamkeit oder Konzentration gelernt werden sollte.

Ein Rahmen für jedes Bild – Metta Meditation
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Metta Meditation – die dritte von zwei Säulen

In der ersten Phase persönlicher Erfahrungen mit Meditation haben OX & RE Freunden und anderen Menschen gerne gesagt, alle meditativen Praktiken lassen sich grob in zwei Sparten einteilen: Achtsamkeit («Mindfulness») und Konzentration. Und beides sind starke Säulen für eine gute, meditative Haltung, die sich gegenseitig sogar bedingen – hierzu mehr in einem späteren Artikel.

Vor einigen Jahren stießen OX & RE auf das erste Interview mit Sharon Salzberg. Sie beantwortete die erste Frage des Interviewers ungefähr so: «Grob kann man alle meditativen Praktiken in drei Sparten einteilen: Achtsamkeit, Konzentration … und Metta!». Und ja, Metta-Meditation ist anders und ebenso wichtig wie die anderen beiden Säulen und doch ganz anders. Und im deutschen Sprachraum extrem verwässert: Nächstenliebe? Selbstliebe? Liebe und Güte? Was soll das für ein Meditationsobjekt sein – so ein Atem oder der Zeiger auf der Uhr sind viel konkreter?

Mit etwas Wohlwollen und Geduld lösen OX & RE das Chaos auf – wie immer aus persönlichem Blickwinkel und mit eigener meditativer Erfahrung. Und dem unerlässlichen Hinweis auf den Metta Hour Podcast von Sharon Salzberg.

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Drehen am meditativen Objektiv

Auf den ersten Blick ist für Metta gar kein Platz im meditativen Spektrum. Ja, es gibt zahllose Meditationsobjekte und Praktiken. Ihr könnt mit dem Atem arbeiten, mit externen Objekten, Emotionen und mehr. Wenn sich Menschen Zeit nehmen, um Meditation betreiben, ist das Ganze jedoch immer ein Prozess, den OX & RE grob mit einer echten Fotokamera vergleichen. Also kein Smartphone, sondern so ein Ding, bei dem man vorne am Objektiv noch die Blende einstellen kann.

Mindfulness und Konzentration sind die beiden Extrempunkte des Objektivs. Konzentration ist die Makroaufnahme. Fokus auf einen festen Punkt, keine Ablenkung, nichts drumherum. Mindfulness ist die weite Landschaftsaufnahme. Alles ist ein großes Spektrum, nichts sticht heraus – wie der berühmte blaue Himmel, an dem Ihr die Wolken ziehen lassen sollt.

Wenn Ihr Eure meditative Blende einstellt, könnt Ihr Euer Objektiv stärker in die ein oder andere Richtung drehen. Doch wo bleibt dort Raum für eine andere Art von Meditation? Metta-Meditation ist ja nicht die goldene Mitte oder sonst irgendwas, das sich einfach auf der Blende zwischen Mindfulness und Konzentration einstellen ließe. Wo ist denn da jetzt noch Platz für Güte und ähnliche Gefühle?

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Es fängt schon bei der Übersetzung an …

Metta ist kein deutscher Begriff, sondern vermutlich Pali. Er kann nicht vernünftig übersetzt werden. Deutschsprachige Menschen stürzen sich gerne auf die englische Bezeichnung, die beispielsweise auch von Sharon Salzberg genutzt wird: Loving Kindness. Auch dies hilft nur halb weiter. «Liebende Freundlichkeit»? Das klingt weder gut noch konkret greifbar. Deshalb machen es sich manche Menschen einfach und verbinden Metta mit dem Begriff «Nächstenliebe» (manchmal auch «Selbstliebe», wenn die eigene Person im Vordergrund steht).

OX & RE meiden die Bezeichnung «Nächstenliebe» aus zwei Gründen:

  1. Der Begriff ist hierzulande ziemlich religiös besetzt. Dies ist absolut in Ordnung so, stellt jedoch wieder eine unnötige Verbindung zwischen Meditation und Religion her – egal welcher Glaubensrichtung. OX & RE halten Meditation bekanntlich frei von Dogma.
  2. Das Konzept «Liebe Deinen Nächsten …» löst im deutschen Unterbewusstsein immer die Worte «… wie Dich selbst» aus. Das ist kontraproduktiv. Zum einen soll Metta-Meditation funktionieren, selbst wenn man sich nicht selbst liebt (und es hierdurch vielleicht eher lernt). Zum anderen ist Liebe in extrem schwieriges Konzept. Seinen Ehepartner liebt man anders als sein Kind, Haustier oder Automobil. Wie dann Liebe gegenüber dem «Nächsten» zeigen, der ja in den meisten Fällen ein Fremder ist?

Ähnliches gilt für die Selbstliebe. Das Gefühl von Liebe ist von Person zu Person verschieden. Und, das zeigt die Erfahrung, wirkt auf viele Menschen abschreckend. Für viele wirkt «Selbstliebe» befremdlich, zumal man ja genügend Dinge in der eigenen Person und dem eigenen Leben kennt, die nicht wirklich liebenswert wirken.

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Metta-Meditation und das «Mögen»

Wie geht denn Metta-Meditation jetzt konkret? Ihr nehmt Euch wie gewohnt Zeit und fangt beispielsweise mit der Atmung als Meditationsobjekt an, wie Ihr es von der Mindfulness kennt. In der nächsten Phase lenkt Ihr Euren Fokus jedoch auf bestimmte Sätze. Ihr nehmt mit diesen Sätzen eine Haltung gegenüber verschiedenen Menschen ein. Hier gibt es verschiedene Strömungen der Metta Meditation, typisch ist jedoch diese Abfolge:

  • die eigene Person
  • eine nahestehende Person
  • eine neutrale Person
  • eine negativ besetzte Person

All diesen Menschen werden die gleichen Dinge gewünscht, gerne in Form einer «Möge»-Formulierung. Auch für diese Sätze gibt es Varianten, Ihr solltet sie jedoch für alle ausgewählten Personen gleich formulieren. Typische Sätze sind:

«Mögest Du glücklich, gesund und zufrieden sein.»
«Mögest Du Liebe und Güte empfinden.»
«Möge Dein Leben frei von Gefahr sein.»

(DISCLAIMER: Die Formulierung «Möge die Macht mit Dir sein» ist denkbar, jedoch extrem situativ.)

Regelmäßige Leser von OX & RE dürften spätestens jetzt stutzen. Ungewöhnliche Sätze für eine Webseite, der auch tief in den Stoizismus eintaucht. Und ja, OX & RE geben Euch recht: NUR SO wirkt Metta Meditation etwas zu «schwurbelig» für diese Webseite. Der Ansatz ist trotzdem wichtig und die Sätze sind gut, aber die Kirsche auf der Sahne fehlt. Diese liefert Euch OX & RE gerne.

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Mehr erkennen mit Metta

Ja, Metta Meditation steht für Liebe und Güte – aber nicht nur. Bereits in den ursprünglichen Texten (ja ja, Buddha und so) geht es auch um Freundschaft und das Interesse an anderen Menschen. Und hier liegt ein hervorragender Ansatz für eine gute Metta Meditation, die (erst einmal) die schwierige Hürde nimmt, einer neutralen oder feindlichen Person Liebe und Wohlwollen zu schenken. Ein Schlüssel für OX & RE liegt in dieser Formulierung:

«Möge ich mehr in Dir erkennen!»

Der Satz kommt völlig ohne Liebe, Güte oder sonstige Gefühle aus. Es ist eher eine Haltung, ein Ansporn, der die Meditation in den Alltag und das Leben hineinbringt. Und der Metta-Meditation einen konkreten Nutzen verleiht, wenn Ihr das nächste Mal auf Euren Großvater, die Frau an der Kasse im Supermarkt oder Euren Erzfeind aus dem Schützenverein des Nachbardorfs trefft.

«Möge ich mehr in Dir erkennen» holt uns aus einem Standard unserer Wahrnehmung heraus. Aus den klassischen Schubladen, in die wir die Menschen stecken, die wir regelmäßig sehen. Ach ja, die Frau an der Kasse schon wieder. Für ein paar Sekunden eine Randerscheinung in Eurem Leben. Doch auf der anderen Seite eine Person, genauso komplex wie Ihr selbst. Nicht jemand, der einfach mit wenigen Labels versehen werden kann und fertig.

«Möge ich mehr in Dir erkennen» ist eine Haltung, die ganz automatisch Güte und Wohlwollen in die Wahrnehmung bringt. Und mit der Zeit andere Gefühle in den Alltag und den Umgang mit anderen Personen bringt – möget Ihr dies selbst nach manch guter Metta Meditation erfahren.

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Metta Meditation macht die Welt zum Museum

Ihr alle wart schon einmal im Museum und habt Euch Bilder und Skulpturen angeschaut. Und ja, es ist (vielleicht) keine große Kunst, ein paar Äpfel auf ’ne Leinwand zu bringen und das Ganze groß auszustellen. Im Sinne von Meditation und der Schulung Eurer Wahrnehmung hat das Museum jedoch einen Vorteil: Man schaut neu und anders hin. Was alltäglich ist, wird durch den Rahmen eines Bildes zum Objekt, dem man etwas mehr Zeit und Wohlwollen schenkt.

Und genau DAS löst unser Problem mit der Metta Meditation und der Blende bei unserem Fotoobjektiv. Metta-Meditation ist weder die Makro-, noch die Landschaftsaufnahme, noch irgendein Mittelding. Metta Meditation ist der Rahmen, mit dem Ihr das fertige Bild an die Wand hängt. Der Euch und andere Personen einlädt, genauer hinzusehen.

Um mehr zu erkennen. Und dabei zu merken, dass letztlich alle glücklich, gesund und liebevoll durchs Leben gehen möchten. Die Frau an der Kasse. Sogar der Erzfeind aus dem Schützenverein. Mögen wir es ihm gönnen!

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